Landesliga, 5. Runde: SG KK Hohentübingen – SG Schönbuch 8:0
K.o. im Gymnastikraum
Kein schlechter Start ins neue Jahr: Ein 8:0 erlebt man auf diesem Niveau nicht oft. Mit so einem Ergebnis konnte eigentlich auch keiner rechnen. Die Königskinder waren natürlich Favorit, aber bei durchschnittlich etwa 150 DWZ-Punkten Vorteil wäre statistisch am ehesten ein 5,5:2,5 zu erwarten gewesen. Von so einem Ergebnis waren die tapferen Schönbucher von den Stellungen her auch gar nicht so weit weg, vergaben ihre Chancen auf Zählbares dann aber doch recht leichtfertig. Den Gastgebern war es recht, denn sie erinnerten sich noch gut an das letzte Aufeinandertreffen, das mit Ach und Krach 4,5:3,5 endete.
Eine kleine Überraschung gab es schon vor Spielbeginn, da die Stadt das Chorzimmer genialerweise doppelt vergeben hatte. Angesichts des Gottesdienstes in der Sporthalle (mit Kinderbetreuung im Chorzimmer!) war der Allmächtige aber zum Glück schon milde gestimmt und schickte den Hausmeister vorbei, der freundlicherweise den Gymnastikraum aufsperrte. Dort boten sich annehmbare Spielbedingungen, da die Brandschutztüren auch als Lärmschutz einigermaßen funktionierten. Eine halbe Stunde später hatte Matthias Hönsch (1) dann auch schon den ersten (kampflosen) Punkt in der Tasche, da Reinhard Bachler nicht antreten konnte oder wollte. Dass es ein besonders erfolgreicher Tag werden könnte, zeigte sich dann daran, dass der sonst eher formkriselnde Teamchef Michael Schwerteck (4) zum ersten Mal seit Jahren eine schwungvolle Partie gewann (abgesehen von der Kirchheim-Partie mit Mehrturm nach 10 Zügen). Dabei kam ihm zugute, dass Christoph Lingenfelder in einer riskanten Eröffnung früh fehlgriff und nicht rechtzeitig aus den Löchern kam. So arbeitete die Taktik wunderbar für Michael, bald waren zwei Bauern gewonnen und eine Umwandlungskombi brachte die endgültige Entscheidung. Fast im selben Moment war auch Lauritz Jansen (3) fertig. Zuerst dachten alle, er hätte verloren, aber das Grinsen in seinem Gesicht sprach Bände. Eigentlich stand Lauritz nach einem missglückten Experiment nämlich vollkommen platt, aber dann fiel Wolfgang Abel auf den letzten Trick herein und musste selber aufgeben. Damit stand es schon 3:0 und es sah immer mehr nach einem Kantersieg aus. Zum Beispiel hatte Kai Schumann (6) auch schon riesigen Vorteil, nachdem Klaus Blahut die Eröffnung misshandelt und die Möglichkeit zur kurzen Rochade verloren hatte. Der Schönbucher rang sich stattdessen zur langen Rochade durch, aber angesichts der offenen Bauernstellung war dies die reinste Todesfahrt und Kai hatte wenig Mühe, einen entscheidenden Angriff durchzuführen. Ein bisschen komplizierter war es bei Martin Schmidt (2), der aber auch immer deutlich am Drücker war. Kurioserweise wiederholte Wolfgang Kramer die dubiose Eröffnung aus der berühmten Partie Schwerteck-Kramer von 2011 (1:0 nach 22 Zügen, das waren noch Zeiten...) und brachte eine „Verbesserung“, nach der ein gut geölter Computer direkt auf „+-“ springt. Martin wollte sein Glück nicht ganz wahrhaben und verzichtete auf die kritischste Fortsetzung, kam aber auch so gut ins Spiel und entwickelte starken Angriff. Trotz erneut großer Zeitnot des früheren Schnellspielers war es kurz vor der Zeitkontrolle einfach Matt. Jetzt wartet die Schachwelt auf weitere Verbesserungen der Variante. Nicht schlecht entwickelte es sich auch bei Jörg Jansen (5): Jedes Mal, wenn man aufs Brett guckte, hatte er einen weiteren Bauern mehr. Der erste Beutezug gelang schon im frühen Mittelspiel, wobei die Lage da noch nicht ganz klar war. Erst nach weiteren Ungenauigkeiten von Julian Hamm ging jede Kompensation verloren und im Endspiel war dann wie gesagt ein Bauer nach dem anderen weg, so dass nur noch die Aufgabe blieb. Am leichtesten hätte auf Schönbucher Seite Josef Wöll etwas Zählbares verbuchen können, da Nils Müller (8), der nach missratener Eröffnung zunächst schlecht stand, in mittlerweile ausgeglichener Stellung Remis anbot. Wöll lehnte mannhaft ab, geriet aber kurz darauf taktisch in die Bredouille und musste eine Figur für zwei Bauern geben. Diesen Vorteil verwertete Nils, so dass er nun mit 4/4 der Topscorer der Liga ist. Ob ihm vielleicht sogar ein „Caruana“ (sieben Siege am Stück) gelingt? Sieben Siege standen jedenfalls schon für die Mannschaft zu Buche, da wollte auch Bernd Staufenberger (7) nicht nachstehen, obwohl in seiner Partie gegen Mario Ljubicic lange Zeit wenig los war. Unerbittlich spielte er nach der Zeitkontrolle immer weiter, obwohl alle anderen längst fertig waren. Warum auch nicht? Die Bemühungen wurden belohnt, denn nach einigem Manövrieren konnte Bernd günstig abwickeln und im Läuferendspiel mit schönen Zugzwangmotiven arbeiten. So ging auch diese Partie nach fast sechs Stunden erfolgreich zu Ende.