Vier Königskinder nahmen am Reutlinger Open teil, das wie jedes Jahr über Pfingsten ausgetragen wurde. Ansonsten gab es aber Änderungen: Fünf Runden statt sieben und eine Trennung in ein A- und ein B-Turnier. Ich spielte im A-Turnier, während im B-Turnier unsere drei Jugendlichen Martin Häcker, Georg Jakob und Tim Dunder den Punkten nachjagten.
Die erste Runde begann für mich mit einem Bekannten: Der Uracher Stephan Ostertag forderte mich heraus - und es wurde ein heißes Spiel. Ich stand schlechter, aber am Ende verlor Stephan den Faden und verlor. In der zweiten Runde spielte ich Unentschieden gegen Gerhard Junesch, wiederum aus schlechterer Stellung heraus. Danach war wieder ein Sieg fällig, bevor ich in der vierten Runde in der Eröffnung einen katastrophalen Fehler machte und die Qualität einstellte. Saskia Zikeli umschiffte alle weiteren, verzweifelt gestellten Fallen und gewann. Die letzte Runde endete mit einem versöhnlichen Remis, auch wenn ich am Ende wohl besser stand.
Für Georg und Tim lief es im B-Turnier durchwachsen. Georg gewann eine Partie und musste leider in allen anderen dem Gegner die Hand reichen. Für Tim stand am Ende nur ein Punkt aus einer kampflosen Partie zu Buche. Beiden gingen aber mit Begeisterung durch das gesamte Turnier und ließen sich nicht unterkriegen, diese Erfahrung wird sie sicher noch weit bringen.
Martin spielte ein grandioses Turnier. Mit 2,5 Punkte ließ er viele stärkere Gegner hinter sich und schlug einige auch im direkten Duell. Am Ende stand ein DWZ-Plus von 140 Punkten zu Gute. Seinen Turnierverlauf schildert er nun selber
1. Partie gegen Karl-Heinz Stolzenwald. Ich spielte Morra (-Gambit natürlich, nicht das mittelalterliche Spiel mit den Fingern) und die Verteidigungsaufstellung meines routinierten Gegners erschien mir suboptimal. Ich war drauf und dran, den Bauern zurückzugewinnen, stellte aber stattdessen (Grundreihenmatt drohte) einfach einen Bauern ein und musste mich zunächst in die Defensive zurückziehen. Aber ich erarbeitete mir die Initiative erneut und plötzlich beging mein Gegner einen schweren Fehler und ich gabelte mit dem Springer seinen Läufer und seinen Turm auf. Entweder ging sein Läufer verloren oder die Qualität. Seine zwei Mehrbauern waren Doppelbauern auf der e-Linie und als ich nicht nur einen davon gewann, sondern auch bald darauf mir den zweiten Minusbauern zurückholte, um mir darauf hin einen Mehrbauern zu beschaffen, war die Sache klar. Danach drohte ich, unter Qualitätsrückopfer einen unaufhaltsam durchmarschierenden a-Bauern zu erhalten. Anstatt des vermutlich notwendigen Königszugs folgte ein Läuferzug, daraufhin konnte ich den Läufer angreifen und entweder, ich bekam nun den Freibauern unter Quallerückopfer oder aber ich beschaffte ihn mir ohne Opfer. Mein Gegner gab auf. Nach meinen starken Zügen gegen Ende der Partie meinte Stolzenwald meist "Gut, sehr gut!" o.ä. Auch gegen Ende wäre es gewiss souveräner gegangen, aber eigentlich doch ein schöner Sieg der Attacke des Außenseiters über das zunächst bestehende materielle Plus des Favoriten, wenn ich das mal so ohne angeben zu wollen sagen darf. Der Favorit hat es mir aber auch eher leicht gemacht.
2. Partie gegen Andrew Clark. Vereinszeitung sei Dank meinte ich zu wissen, wie stark Clark war. Aber mein Zimmergenosse von der WJEM, Roman Malich, hatte ihm ein Remis abgetrotzt. Ging da doch was? Clark spielte gegen mich Bird und erhielt ein bequemes Zentrum, dafür hatte ich aber ein relativ gutes Figurenspiel. Im Laufe der Partie versuchte Clark zwar zu gewinnen und schlug mein erstes Remisgebot aus. Mein zweites nahm er aber doch an, nachdem ich ein Endspiel mit gleichfarbigen Läufern erreicht hatte. Dabei erschrak ich. War die Remisstellung vielleicht verloren? Nein. Bei der gemeinsamen Analyse stellte sich endgültig heraus, dass es Remis war. Totremis.
3. Partie gegen Andreas Krebel. Schon nach nicht allzu vielen Zügen hatte er einen Mehrbauern. Mein Plan war zunächst: Ich versuch es noch ein wenig und wenn es nicht klappt, gebe ich auf. Für die Wende in der Partie sorgte die Tatsache, dass ich endlich feststellte: So schlecht stehe ich gar nicht. Systematisch tauschte ich alle Schwerkaliber ab und erreichte ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern. Mein erstes remisgebot lehnte er ab, musste sich dann jedoch doch ins Remis fügen. Ich konnte geschickt mit dem König hin und her "tingeln" und sein Läufer kam an keinen Bauern ran. Seine Bauernstruktur war nur sehr, sehr mittelmäßig und es gab vermutlich kein erfolgsträchtiges Manöver für ihn.
4. Partie gegen Lars Kasüschke. Um, im WM-Fieber, in Fußballersprache zu reden: in Minute (respektive Zug) 6 ganze 3 Meter (respektive Züge) vor dem leeren Tor (bedingt durch kaptialen Aussetzer, vgl. Holland - Spanien Tor zum 4-1) (respektive einfachen Figurengewinn) 10 Meter vorbei geschossen um dann schon in der 16. Minute für die defensive Taktik entscheidend bestraft zu werden. Im Fußball würde ich mich beim Trainer beklagen, aber im Schach kann der Trainer weniger dafür (die Eröffnungs habe ich ja auch eigenwillig gespielt), auch weil ich ja mehr der Trainer meiner Figuren bin und ich würde mich selbst nicht feuern!
5. Partie gegen Walter Blauditschek Marshall-ähnliches Gambit angenommen, in nervenaufreibender Partie weitestgehend standgehalten (nur 2 Bauern mehr segneten das Zeitliche), Minusbauern rückerobert, Gegner grapscht sich Bauern, woraufhin ich Dauerschach geben kann.