Verbandsliga, 3. Runde: SG KK Hohentübingen – SK Markdorf 6.5:1.5
Blutige Angelegenheit
In der dritten Verbandsligarunde waren gegen den Aufsteiger Markdorf zwei Punkte schon sehr wünschenswert, wollte man nicht gleich schon wieder in Abstiegsgefahr geraten. Da traf es sich ganz gut, dass die Gäste den weiten Weg (Markdorf liegt fast am Bodensee, nicht weit von Friedrichshafen) stark dezimiert antreten mussten. Nur sieben Mann standen zur Verfügung, zudem wurden die Bretter 7 und 8 mit Spielern besetzt, die sonst in der Kreisklasse agieren. Unter diesen Voraussetzungen hatten die Königskinder es vergleichsweise leicht und ihnen genügte eine durchschnittliche Leistung, um das Spiel klar zu gewinnen. Sicher wird es schon bald wieder größere Herausforderungen geben.
Da die Markdorfer nicht aufrücken wollten, bekam Karsten Neurohr (2) einen kampflosen Punkt. Matthias Hönsch (1) hätte in seinem ersten Saisoneinsatz sogar nachlegen können, obwohl er mit dem erfahrenen Dieter Knödler den mit großem Abstand stärksten Gegner hatte. Matthias kannte sich in der Eröffnung besser aus, hatte bald einen Bauern mehr und hätte mit einem taktischen Schlag noch einen zweiten gewinnen können. Leider übersah er diese Möglichkeit und da die Stellung inzwischen recht undurchsichtig geworden war, fügte er sich ins Remis durch Zugwiederholung. Bernd Staufenberger (8) schockte seinen Teamchef, als dieser gerade von der Toilette kam, mit den Worten: „Ich bin am Zug, aber ich blute!“ Nanu, eine solche Verletzung beim Schach? Es stimmte aber in der Tat, vielleicht hatte Bernd sich beim Grübeln zu heftig am Kopf gekratzt, jedenfalls wurde er in Analogie zum Fußball (die FIDE-Regeln sehen so etwas nicht vor) erst einmal vom „Spielfeld“ geschickt. Am Brett war aber eigentlich schon klar, dass nur der Markdorfer Marc Regel würde bluten müssen (quasi eine Regelblutung), da er die Eröffnung misshandelt hatte und eine positionelle Ruine verwaltete. Ein verzweifeltes Figurenopfer änderte auch nichts mehr daran, dass Bernd nach erfolgreicher Wundversorgung seinen ersten Saisonsieg einfuhr. Genau dasselbe gelang Lauritz Jansen (5), auch wenn sein Sieg gegen Hans-Ulrich Östreicher sich zunächst nicht abgezeichnet hatte. Eher schien Lauritz leichte Probleme zu haben, aber nach ein paar unglücklichen Manövern seines Gegners setzte er zum Konter an und drehte den Spieß innerhalb von wenigen Zügen um. Auch Michael Schwerteck (4) erreichte zum ersten Mal in der Saison etwas Zählbares, wenn auch nur einen halben Punkt. Inspiriert von den WM-Partien wollte er à la Carlsen nach frühem Damentausch eine minimal bessere Stellung kneten, aber nicht jeder verfügt über Carlsens fast schon magische Fähigkeiten und der Markdorfer Christian Zdzuj verteidigte sich auch recht gut. So kam es schließlich zum Massenabtausch nebst Friedensschluss. Beim Stand von 4:1 entschied sich Martin Schmidt (3), in komplizierter Stellung das Remisangebot von Zlatko Jurisic anzunehmen. Zuvor stand Martin zeitweise sehr bedenklich, konnte sich dann aber mit einem taktischen Gegenschlag befreien, was ihm an einer Stelle sogar die Chance zu klarem Vorteil gab. Insgesamt ein wohl leistungsgerechtes Unentschieden, nach welchem Martin immerhin mit 2,5 Punkten aus drei Schwarzpartien zu Buche steht. Noch besser, nämlich mit 3/3, steht Jörg Jansen (6) da, auch wenn es ihm seine Gegner, wie er selber zugibt, nicht furchtbar schwer gemacht haben. Diesmal wartete sein Gegner Jürgen Wulf mit desolater Eröffnungsbehandlung auf und wurde mit einem klassischen „Kofferangriff“ zerlegt – für Lanka-Hörer wie das kleine Einmaleins. Die Partie zog sich zwar noch eine Weile hin, aber Jörg gönnte sich ein zünftiges Bauernfrühstück, hatte schließlich drei Klötzchen mehr und Mattangriff noch obendrein. Zum Schluss musste Kai Schumann (7) noch arbeiten, dessen Gegner Matija Kolas zwar positionell defizitär, aber zunächst doch einigermaßen zäh spielte. Im Endspiel verfügte Kai zwar über klare optische Vorteil, aber es war noch nicht klar, wo und wie er durchbrechen würde. Diese Probleme waren auf einen Schlag gelöst, als der Markdorfer plötzlich die Abwicklung in ein für ihn glatt verlorenes Bauernendspiel zuließ. Begleitet vom Schmunzeln und Stirnrunzeln der Kiebitze wurde die an Trivialität kaum zu überbietende Stellung zwar noch eine gefühlte Ewigkeit weitergespielt, aber mit einer Dame weniger und kurz vor dem Matt stehend konnte Kolas sich doch endlich zur Aufgabe durchringen. Mit diesem Ergebnis sind die Königskinder unerwartet sogar auf den zweiten Tabellenplatz vorgerückt, was zwar wegen der ungeraden Teilnehmerzahl nicht viel aussagt, aber doch ganz nett aussieht. Mit Ebersbach wartet nun allerdings wieder ein ganz anderes Kaliber.